Mitarbeiterführung: Mit MONA Lisa emotionales Führungsmanagement aufbauen
Im Mittelpunkt des dritten Teils der Serie zu den Grundlagen einer ganzheitlichen und nachhaltigen Praxisführung steht die Mitarbeiterführung. Wichtig ist, die Mitarbeiter individuell und situationsangemessen zu führen. Welche Prinzipien sollte der Arzt dabei beachten?
Prinzip 1: MONA Lisa in der Arztpraxis
Führen ist die Fähigkeit, sich angemessen auf dem Parkett zu bewegen, das hier und heute vom situativen Kontext und jeweiligen Mitarbeiter bestimmt wird. Der Arzt sollte nicht nur über einen
Führungsstil und einige wenige Führungstechniken verfügen, sondern über ein möglichst breites Repertoire.
In diesem Zusammenhang ist das MONA-Lisa-Prinzip zu beherzigen – die geheimnisvoll lächelnde Dame wandert vom Louvre in die Arztpraxis. Entscheidend ist der Vorname, der als Akronym steht für
„MotivOrientierte NutzenArgumentation“. Damit ist gemeint, dass der Arzt die handlungsanleitenden Motive und wichtigsten Werte des Mitarbeiters herausfiltert, um seinen Führungsstil darauf
abzustimmen. Pointiert ausgedrückt: Individuelle Mitarbeiter und individuelle Führungssituationen erfordern individuelle Führungsstile.
Dominantes Motiv ansprechen
Konkretes Beispiel: Wenn es sich um einen auf Sicherheit bedachten Mitarbeiter handelt, sollte der Arzt ihn motivieren, indem er ihm verdeutlicht: „Wenn Sie sich engagiert für die Praxisziele
einsetzen und unser Großprojekt ‚Einführung einer neuen Terminsoftware‘ unterstützen, sichern Sie die Wettbewerbsfähigkeit der Praxis und Ihren Arbeitsplatz.“
Der Arzt spricht mithin den Wert oder das Motiv „Sicherheit“ an und motiviert den Mitarbeiter, indem er ihm den Nutzen seines Engagements mit Argumenten schmackhaft macht, die sein persönliches
Motiv- und Wertesystems ansprechen. Bei einem Mitarbeiter, für den materielle Werte eine dominante Rolles spielen, geht der Arzt entsprechend anders vor und trägt materiell orientierte
Nutzenargumente vor.
Prinzip 2: Führungsprozesse emotionalisieren
Entscheidend ist immer: Durch die MONA-Führung zaubert der Arzt dem Mitarbeiter ein Lächeln auf die Lippen, packt ihn bei seinen Werten, seinen Motiven – seinen Emotionen.
Führen mit Emotionen – was heißt das? Der Arzt baut nach wie vor eine Zielvereinbarungskultur auf, legt mit den Mitarbeitern im Konsens Ziele fest und leitet daraus Aktivitäten ab, die der
Zielerreichung dienen, dazu später mehr. Er soll und muss also mit Verstand führen, mit Zielen,Zahlen, Daten und Fakten – aber zugleich mit Herzblut, mit Gefühlen, mit Emotionen.
Die Führungskunst besteht darin, die Mitarbeiter von lediglich Betroffenen zu emotional Beteiligten zu entwickeln. „Wenn wir alle die Ärmel hochkrempeln und jeder seine Aufgaben bestmöglich erfüllt,
sorgen wir für Patientenzufriedenheit und erhöhen die Qualität. Und unsere Praxis steht in zwei Jahren glänzend da!“ Der Arzt darf sich nicht scheuen, die Zukunft der Praxis in einer
bildhaft-eingängigen Sprache zu visualisieren. Ziel ist es, die Zustimmung der Mitarbeiter zu erhalten und eine auch persönlich gefärbte Beziehung zu ihnen aufzubauen – indem er ehrliches Interesse
am Menschen zeigt: „Wie haben Sie es geschafft, mit diesem schwierigen Patienten, der sich vehement beschwert hat, doch noch ein sachliches Gespräch zu führen?“
Fundamentalen Zweck benennen
Ob Teammeeting oder Mitarbeitergespräch: Der Arzt stellt einen Zusammenhang zwischen Mitarbeiteraufgabe und Praxisvision her, weiß er doch, dass Menschen begeisterter zu Werke gehen, wenn sie wissen,
dass ihre Tätigkeit durch einen übergeordneten Zweck einen tieferen Sinn erhält.
Es gilt: Keine Zielvereinbarung ohne emotionale Verknüpfung. Allerdings – es geht nicht darum, eine Zielvereinbarung mit Gefühlen zu überzuckern. Jedoch: Der Arzt berücksichtigt, warum der
Mitarbeiter die Aufgabe übernehmen kann und will, und beachtet dabei vor allem die emotionale Ebene. Sein Argument dabei: „Ihr Tun hat den fundmentalen Zweck, dem Patienten zu dienen und für Ihre
Kollegen und für Sie selbst die Arbeitsplätze zu erhalten.“
Prinzip 3: Commitmentkultur aufbauen
Commitmentkultur heißt: Die gesamte Praxis atmet den Geist verbindlicher Zielvereinbarungen. Die Betonung liegt auf „Vereinbarung“ – der Arzt führt nicht mit Vorgaben, sondern mit Zielen, die er
gemeinsam mit den Mitarbeitern verbindlich festlegt. Er holt sich also die Zustimmung der Mitarbeiter ab, ihr Commitment oder ihr „Ja-Wort.“ Eine Vorgabe kann die Leistung des Mitarbeiters auch
beeinträchtigen – eine Vereinbarung überträgt ihm Verantwortung und motiviert ihn zumeist.
Es bleibt aber nicht bei der bloßen Zielvereinbarung. Arzt und Mitarbeiter legen in einem Zielvereinbarungsprozess die Aktivitäten fest, die zur Zielerreichung führen. Der Arzt lässt den Mitarbeiter
nicht allein, sondern bespricht mit ihm, wie er – zum Beispiel – den Umgang mit der neuen Terminsoftware erlernt und sie zum Wohl der Praxis nutzt. Er definiert mit ihm die einzelnen Prozessschritte
auf dem Weg zum Ziel.
Übrigens: Hier schließt sich ein Kreis. Denn um den Mitarbeiter zu überzeugen, nutzt der Arzt das MONA-Lisa-Prinzip und die Grundsätze des emotionalen Führens.
Prinzip 4: Konsequenzen festlegen
Natürlich überprüft der Arzt die Zielerreichung und achtet auf verbindliche Vereinbarungen. Verbindlichkeit erreicht er über positive und die negative Konsequenzen. Konkret: Wenn der Mitarbeiter die
Zielvereinbarungen genau einhält, arbeitet der Arzt mit den Instrumenten der Anerkennung, des Lobs und der Wertschätzung. Auch mit Teamevents und gemeinsamen Aktivitäten gelingt es ihm, erwünschte
Verhaltensweisen des Mitarbeiters über positive Folgen zu steuern.
Und was passiert, wenn es dem Mitarbeiter nicht gelingt, die Zielvereinbarungen einzuhalten? Darum kommen die negativen Konsequenzen zum Zuge: Bereits in dem Zielvereinbarungsgespräch thematisieren
Arzt und Mitarbeiter den Worst Case: „Wie reagieren wir, wenn die Zielerreichung misslingt oder zu scheitern droht? Welche Lösungen stehen zur Verfügung?“ Es werden prophylaktisch Lösungsvorschläge
für eventuell auftretende Probleme erarbeitet.
Prinzip 5: Konstruktive Unterstützung anbieten
Ist es dann so weit, tritt ein konkretes Zielerreichungsproblem auf, sucht der Arzt das direkte Gespräch. Er konfrontiert den Mitarbeiter mit dem Problem – aber nicht in Form eines Vorwurfs. Es geht
nicht darum, ihn zurechtzuweisen. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Suche nach konstruktiven Lösungen. Vielleicht muss der Mitarbeiter praxisintern eine zusätzliche Kompetenz aufbauen, eine
Weiterbildung absolvieren oder eine Verhaltensveränderung anstreben, um die definierten Zielvereinbarungen zu erreichen.
In dem Gespräch bleibt der Arzt nicht bei der rückwärtsgewandten Betrachtung stehen, er betreibt keine Vergangenheitsbewältigung. Er will möglichst umgehend ins konstruktive Fahrwasser gelangen. Denn
es liegt in seinem Interesse, die wertschätzende Beziehung zu dem Mitarbeiter aufrecht zu erhalten. Darum stellt er zukunfts- und problemlösungsorientierte Fragen: „Wie stellen Sie, mit meiner
Unterstützung, in Zukunft sicher, dass Sie Ihre Ziele erreichen?“
Prinzip 6: Mitarbeiter zur Zielerreichung coachen
Die Grundsätze fließen in einem lösungsorientierten Coaching zusammen. Im Fokus stehen diejenigen Lösungen, die dem Mitarbeiter Unterstützung bieten und zur Weiterentwicklung des Praxis, des Arztes
und der Kollegen beitragen.
Der Arzt tritt weniger als Führungskraft, sondern als Ratgeber und Unterstützer auf, der bei der Problem- und Ursachenerforschung hilft, Ziele definiert und die zur Zielerreichung notwendigen
Ressourcen zur Verfügung stellt. Und zwar immer im Austausch und gemeinsam mit dem Mitarbeiter.
Die wichtigsten Aspekte im Überblick
Ausblick: In der nächsten Ausgabe beantwortet Wilfried von Berg die Frage, wie der Arzt sich und sein Team dazu motiviert, vereinbarte Prinzipien wie etwa die
Patientenorientierung dauerhaft umzusetzen – selbst dann, wenn Hindernisse wie ungünstige Rahmenbedingungen und Stress dies erschweren.
So führen Sie mit der Commitmenttechnik ein produktives Zielvereinbarungsgespräch
Nach: Michael Letter, Letter Consulting, Commitmentexperte
Der Autor
Der Führungskräftetrainer und Coach Wilfried von Berg hat sich auf Weiterbildungen spezialisiert, die er Arztpraxen, Kliniken, Energieversorgern und Finanzdienstleistern anbietet. Er ist zudem
INtem®-Trainer für Führungskräfte- und Verkaufstrainings. Seit über 20 Jahren unterstützt er Menschen dabei, hinderliche Einstellungen abzulegen und förderliche Gewohnheiten und Verhaltensweisen
aufzubauen.